Das Urteil gegen den Angeklagten ist noch nicht rechtskräftig.

 

Drei Jahre für Bezirksrat Wolfgang F.

Kurier

Wien - Wolfgang F. (52), ein bekannter Vertreter der heimischen rechtsextremen Szene und ehemaliger freiheitlicher Bezirksrat von Wien-Neubau, wurde am Mittwochnachmittag im Wiener Landesgericht wegen Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz zu drei Jahren Haft verurteilt. Ein Jahr wurde unbedingt ausgesprochen, den Rest der Strafe sah ihm das Schwurgericht unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nach. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Überschattet wurde der Prozess von einem Eklat, für den die Zuhörer sorgten, die sich zum allergrößten Teil aus Sympathisanten des Angeklagten zusammen setzten. Zunächst wurde der selbst ernannte Porno-Jäger Martin Humer mit einem Saalverbot belegt, nachdem er die Geschworenen fotografiert und die Verhandlung gestört hatte. Später sah sich Richter Karl Fischer nach lautstarken Unmutsäußerungen der durchwegs betagten Zuhörer gezwungen, aus Sicherheitsgründen den Saal räumen zu lassen. Die Verhandlung wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt.

Hintergrund

Dazu war es gekommen, als das Gericht die zahlreichen Beweisanträge der Verteidigung mit der Begründung ablehnte, Massentötungen im Dritten Reich wären "notorisch bewiesene Tatsachen." Darauf setzte lautes Gelächter ein, abschätzige und feindselige Zwischenrufe aus den Publikumsreihen waren zu vernehmen. "Ich bekenne mich natürlich nicht schuldig. Ich habe nur die Wahrheit gesagt", lautete die Verantwortung von Wolfgang F. Die FPÖ hatte ihn 1994 ausgeschlossen, nachdem er die "multikulturelle Bastardisierung der Gesellschaft" beklagt hatte. Staatsanwalt Karl Schober warf ihm nun vor, in den neunziger Jahren zahlreiche Schriftstücke verfasst und verbreitet zu haben, in denen er vor allem die massenhafte Tötung jüdischer Mitbürger im Dritten Reich mittels Zyklon B in Abrede stellte.

Existenz von Gaskammern geleugnet

Der Ankläger bescheinigte dem 52-Jährigen "eine geistige Annäherung an die Revisionisten": Mit "pseudowissenschaftlichen Ausführungen" bestreite Wolfgang F. die Existenz von Gaskammern in den Konzentrationslagern und leugne die Massenvernichtung. Wolfgang F. berief sich auf seinen akademischen Eid und meinte: "Geschichte ist ein ständiger Revisionsprozess." Er habe die inkriminierten Schriften deshalb an öffentliche Institutionen, Ämter, Behörden und Privatpersonen verschickt, "um anständige Leute überzeugen zu können, dass man die Österreicher auf schamlose Weise belügt". Die von der "orthodoxen Geschichtsschreibung" behaupteten Massentötungen mittels Zyklon B und Abgasen aus Dieselmotoren wären nämlich "absolut unmöglich" und "technisch-physikalischer Nonsens".

"Ich war nicht dabei"

Als ausgebildeter Verfahrenstechniker wisse er, dass Blausäure "das Dümmste ist, was man verwenden hätte können. Ich kann Ihnen das beweisen. Wenn Sie nur ein bisschen Heimwerker-Verständnis haben, werden Sie mich verstehen. Mein Gutachten steht seit zehn Jahren, und es ist nicht widerlegt." Auf die Frage, ob es Gaskammern gegeben habe, antwortete Wolfgang F.: "Ich war nicht dabei. Ich kann es nicht wissen." In Mauthausen und Dachau wären diese jedenfalls nach dem Krieg errichtet worden. Es habe allerdings "Entwesungskammern für Kleider und Utensilien" gegeben. Nach Wolfgang F. hatte man mehrere Jahre per Haftbefehl gesucht. Obwohl er sich die meiste Zeit in der Bundeshauptstadt aufgehalten haben soll, konnte er erst Ende Juni 2003 in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus verhaftet werden. Er habe sich "im politischen Exil in einer ausländischen Botschaft" befunden, meinte er nun zu seinem letzten Aufenthaltsort. Näheres wollte er mit dem Hinweis auf mögliche "politische Verwicklungen" nicht sagen.

Artikel vom 03.09.2003 |apa |ric

 

 

 

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