----- Original Message -----
From: "Horst Mahler" <hm@deutsches-kolleg.org>
To: "S.K." <SKoban@t-online.de>
Sent: Friday, November 14, 2003 9:43 AM
Subject: AW: Fortbestand des Dt.Reiches

 

Lieber Herr Koban,

das Deutsche Reich als Nationalstaat der Deutschen ist ein Sein, das in dem
Willen jener Deutschen, die es noch sein wollen, gegründet ist. Nicht das
Recht bringt das Reich hervor, sondern  das Reich ist Träger des Rechts,
welches der vernünftige Wille  des Deutschen Volkes ist.

Jene Theorien, die den Staat als Resultat eines Vertrages seiner Bürger
behaupten, sind Ausdruck des geistigen Niedergangs, der mit der Aufklärung
eingesetzt hat. Ihre Urheber machen nicht die einfache Überlegung, daß der
Vertrag  den Staat als rechtliche Zwangsgewalt  voraussetzt. Ein Vertrag,
der im Falle  der Verletzung der vertraglichen Pflicht nicht den Eingriff
einer höheren Gewalt zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes  auslöst,
ist kein Vertrag sondern Betrug. Das Wesen des Vertrages ist die Beugung
meiner Willkür unter die Herrschaft meines vernünftigen Willens
(Selbstbindung), der als Rechtsordnung, also als Staat, schon vorhanden ist.


Das vorausgeschickt, ist zu überlegen, was einen Staat im Sinne eines
völkischen Organismus vernichtet. Der Wille einer feindlichen Macht reicht
nicht aus, das zu bewirken. Es müßte sich dieser Wille in einem
Zerstörungswerk äußern, welches das Sein des angegriffenen Staates nicht nur
vorübergehend lähmt, sondern für die absehbare Zukunft gänzlich aufhebt.

Carlo Schmid hat in seiner Rede vor dem Parlamentarischen Rat vom 8.
September 1948 versucht,  diese Frage - mit den unzureichenden
Denkwerkzeugen der Völker- und Staatsrechtslehre - zu beantworten. Er hat
dort ausgeführt:

Was ist nun die Lage Deutschlands heute? Am 8. Mai 1945 hat
die deutsche Wehrmacht bedingungslos kapituliert. An diesen Akt werden von
den verschiedensten Seiten die verschiedensten Wirkungen geknüpft. Wie steht
es damit? Die bedingungslose Kapitulation hatte Rechtswirkungen
ausschließlich auf militärischem Gebiet. Die Kapitulationsurkunde, die
damals unterzeichnet wurde, hat nicht etwa bedeutet, dass damit das deutsche
Volk durch legitimierte Vertreter zum Ausdruck bringen wollte, dass es als
Staat nicht mehr existiert, sondern hatte lediglich die Bedeutung, dass den
Alliierten das Recht nicht bestritten werden sollte, mit der deutschen
Wehrmacht nach Gutdünken zu verfahren. Das ist der Sinn der bedingungslosen
Kapitulation und kein anderer.
Manche haben daran andere Rechtsfolgen geknüpft. Sie haben
gesagt, auf Grund dieser bedingungslosen Kapitulation sei Deutschland als
staatliches Gebilde untergegangen. Sie argumentieren dabei mit dem
völkerrechtlichen Begriff der debellatio, der kriegerischen Niederwerfung
eines Gegners. Diese Ansicht ist schlechterdings falsch.
Nach Völkerrecht wird ein Staat nicht vernichtet, wenn seine
Streitkräfte und er selbst militärisch niedergeworfen sind. Die debellatio
vernichtet für sich allein die Staatlichkeit nicht, sie gibt lediglich dem
Sieger einen Rechtstitel auf Vernichtung der Staatlichkeit des
Niedergeworfenen durch nachträgliche Akte. Der Sieger muss also von dem
Zustand der debellatio Gebrauch machen, wenn die Staatlichkeit des Besiegten
vernichtet werden soll. Hier gibt es nach Völkerrecht nur zwei praktische
Möglichkeiten. Die eine ist die Annexion. Der Sieger muss das Gebiet des
Besiegten annektieren, seinem Gebiet einstücken. Geschieht dies, dann
allerdings ist die Staatlichkeit vernichtet. Oder er muss zur sogenannten
Subjugation schreiten, der Verknechtung des besiegten Volkes. Aber die
Sieger haben nichts von dem getan. Sie haben in Potsdam ausdrücklich
erklärt, erstens, dass kein deutsches Gebiet im Wege der Annexion
weggenommen werden soll, und zweitens, dass das deutsche Volk nicht
versklavt werden soll. Daraus ergibt sich, dass zum mindesten aus den
Ereignissen von 1945 nicht der Schluss gezogen werden kann, dass Deutschland
als staatliches Gebilde zu existieren aufgehört hat.

Carlo Schmid hat keinen Zweifel daran gelassen, daß das Gebilde, welches als
"Bundesrepublik Deutschland" bezeichnet wird, kein Staat ist, sondern nur
eine Form der Fremdherrschaft über das Deutsche Volk:

Was aber das Gebilde von echter demokratisch legitimierter
Staatlichkeit unterscheidet, ist, dass es im Grunde nichts anderes ist als
die Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft; denn die trotz
mangelnder voller Freiheit erfolgende Selbstorganisation setzt die
Anerkennung der fremden Gewalt als übergeordneter und legitimierter Gewalt
voraus. Nur wo der Wille des Volkes aus sich selber fließt, nur wo dieser
Wille nicht durch Auflagen eingeengt ist durch einen fremden Willen, der
Gehorsam fordert und dem Gehorsam geleistet wird, wird Staat im echten
demokratischen Sinne des Wortes geboren. Wo das nicht der Fall ist, wo das
Volk sich lediglich in Funktion des Willens einer fremden übergeordneten
Gewalt organisiert, sogar unter dem Zwang, gewisse Direktiven dabei befolgen
zu müssen, und mit der Auflage, sich sein Werk genehmigen zu lassen,
entsteht lediglich ein Organismus mehr oder weniger administrativen
Gepräges. Dieser Organismus mag alle normalen, ich möchte sagen, "inneren"
Staatsfunktionen haben; wenn ihm die Möglichkeit genommen ist, sich die
Formen seiner Wirksamkeit und die Grenzen seiner Entscheidungsgewalt selber
zu bestimmen, fehlt ihm, was den Staat ausmacht, nämlich die Kompetenz der
Kompetenzen im tieferen Sinne des Wortes, das heißt die letzte Hoheit über
sich selbst und damit die Möglichkeit zu letzter Verantwortung. Das alles
hindert nicht, dass dieser Organismus nach innen in höchst wirksamer Weise
obrigkeitliche Gewalt auszuüben vermag.

(aufgezeichnet in "Der Parlamentarische Rat 1948-1949,
Akten und Protokolle", Band 9, herausgegeben vom Deutschen Bundestag und vom
Bundesarchiv, Harald Boldt Verlag im R. Oldenbourg Verlag, München 1996,
Seite 20 ff.  im Archiv des Bundestages stehen die Protokolle gebunden im
Büro von Günther J. Weller),


Das Bundesverfassungsgericht - auf dessen Rechtsmeinung es überhaupt nicht
ankommt, weil seine Urteile selbst nur Ausformungen der Fremdherrschaft sind
- hat diesen Standpunkt von Carlo Schmid dahingehend bestätigt, daß es in
ständiger Spruchpraxis  davon ausgeht, daß das Deutsche Reich fortbesteht,
aber durch die Verhaftung der Reichssregierung am 23. Mai 1945
handlungsunfähig geworden sei.

Im Grundgesetz ist auf Betreiben von Carlo Schmid in Artikel 146 die
Beendigung der Bundesrepublik Deutschland mit dem Inkrafttreten einer vom
Deutschen Volk in freier Entscheidung beshlossenen Verfassung gleichgesetzt.

Da die Fremdherrschaft kein Rechtzustand ist sondern nur eine rein
tatsächliche  Machtausübung über Deutschland, endet sie mit dem Erlahmen
und/oder mit dem Niederringen der Feindmacht. Das Ende tritt als Allgemeiner
Volksaufstand in Erscheinung, der in die Organung des Deutschen Reiches
durch eine Ordnende Reichsversammlung mündet.

Ich hoffe, damit Ihre Frage beantwortet zu haben.

Mit reichstreuen Grüßen
Horst Mahler

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: S.K. [mailto:SKoban@t-online.de]
Gesendet: Donnerstag, 13. November 2003 20:22
An: Horst Mahler
Betreff: Fortbestand des Dt.Reiches


Sehr geehrter Herr Mahler !

Mit großem Interesse habe ich die Berichte auf Ihrer Heimatseite im Weltnetz
gelesen.
Für mich ergibt sich die Frage, wie Sie über den Fortbestand des Dt. Reiches
denken. Das BVG hat da ja einige Urteile gefällt, die ja immernoch gültig
sein sollen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir in dieser Hinsicht
"Glaubenssicherheit" verschaffen könnten.

Mit freundlichen Grüßen !
St.Koban

 

 

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